KPMG-Studie wird relativiert – kein Garagensterben in Sicht

Optimistische Garagisten-Zukunft

KPMG-Studie wird relativiert – kein Garagensterben in Sicht

15. Februar 2022 agvs-upsa.ch – «Schweizer Zulieferer fit – aber Garagen sterben»: Die Schlagzeile über einer Story im «SonntagsBlick» vom 13. Februar 2022 erweckt den Eindruck, als ob das Schweizer Autogewerbe vor einer massiven Flurbereinigung steht. Das ist nachweislich nicht der Fall – weder heute noch morgen. 

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Quelle: AGVS-Medien
 
kro. Basis für die Story ist die Umfrage des internationalen Beratungsunternehmens KPMG mit dem Titel «Global Automotive Executive Survey», Jahrgang 2021. Sie wurde im November 2021 bei 1118 Führungskräften von Personenwagen- und Nutzfahrzeugherstellern, Tier 1-Zulieferern, Energieversorgungsunternehmen, etablierten Tech-Firmen und Startups, Mobilitätsanbietern, Finanzdienstleistern und unabhängigen Händlern in 31 Ländern weltweit durchgeführt. 
 
Die wichtigsten Erkenntnisse auf einen Blick: 
  • 77 Prozent der Befragten sind der Überzeugung, dass die Wende hin zur Elektromobilität auch ohne staatliche Unterstützung in den nächsten 10 Jahren erfolgreich gelingt. 91 Prozent finden jedoch, dass der Staat die Wende mit Subventionen fördern soll. Mehr als die Hälfte ist der Meinung, dass das nur für Fahrzeugpreise über 50'000 Dollar (CHF 46'225) gelten soll. 
     
  • 77 Prozent sind der Ansicht, dass die Zeit für eine 80-prozentige Aufladung der Batterie eines Elektroautos in Zukunft nicht länger als 30 Minuten dauern darf.
     
  • Die meisten der befragten europäischen Führungskräfte in der Automobilbranche gehen davon aus, dass bis 2030 ein Grossteil der Neuwagenkäufe online geschehen wird und mindestens 40 Prozent der Neufahrzeuge direkt von den Autoherstellern, also ohne (Zwischen-)Händler verkauft werden. 
  • Mehr als ein Drittel zeigt sich überzeugt, dass bis ins Jahr 2030 bis zu 80 Prozent der Fahrzeuge direkt vom Hersteller an die Konsumenten verkauft werden.
  • 84 Prozent glauben, das sich Abo-Modelle bis ins Jahr 2030 soweit durchgesetzt haben, dass sie gegenüber dem heutigen Kauf eines Fahrzeugs wettbewerbsfähig sind. 45 Prozent der Befragten sehen hier die Hersteller gegenüber dem Händler klar im Vorteil.
Auf dieser Basis erwartet KPMG «Restrukturierungen und Reduktionen im Händlernetz». Nun gibt es eine Reihe von Fakten, die dafürsprechen, dass die Garagisten – zumindest in der Schweiz – optimistisch in die Zukunft blicken können. Die Verbindung zwischen dem Garagist und seinen Kunden ist hierzulande ausgesprochen tragfähig. Das ergab unter anderem auch eine vom Link-Institut im Auftrag des AGVS durchgeführte, repräsentative Studie im Herbst 2019: 
  • 84 Prozent der Befragten sind sehr zufrieden oder zufrieden mit ihrem Garagisten. Das zeigt, wie tragfähig diese Verbindung ist. Warum soll sich das ändern?
  • Auf den Rat des Garagisten ihres Vertrauens verlassen sich 69 Prozent der Befragten (über alle Generationen hinweg). Das ist eine Basis, die auch in Zukunft tragfähig ist.
  • Der Garagist ist bei weitem wichtigster Informationskanal, wenn es um den Kauf eines Fahrzeugs geht (56%); viel wichtiger als die Website der Marke (32%).
  • 75 Prozent fahren das Auto vor dem Kauf Probe. Wie soll das via Hersteller online gehen?
  • Mehr als die Hälfte der Schweizer Automobilisten bevorzugt die Konfiguration des Fahrzeugs im Rahmen eines persönlichen Verkaufsgesprächs. Ein Auto online bestellen, konnten sich im Rahmen der repräsentativen Umfrage nur 8 Prozent der Befragten vorstellen.
  • Wichtigstes Kriterium beim Kauf eines Autos: Eines zu finden, das am besten zu den jeweiligen Bedürfnissen passt. Das geschieht nach wie vor und auch in Zukunft am besten im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit dem Garagisten des Vertrauens.
  • Für die Durchführung von Wartungsarbeiten gibt es keine Alternative zum Garagisten – weder heute noch morgen.
«Der AGVS sieht sich als Informations- Bildungs- und Vermittlerplattform»
Die Mitglieder auf die Veränderungen vorzubereiten und sie im Wandel zu begleiten, ist eine der wichtigsten Aufgaben von Markus Aegerter und seinem Team. Er verantwortet in der AGVS-Geschäftsleitung den Bereich Branchenvertretung und Dienstleistungen. Für die Zukunft des Garagisten ist er optimistisch.

Markus Aegerter, als Sie die Story über die KPMG-Studie gelesen haben, was ging Ihnen spontan durch den Kopf? 
Markus Aegerter:
 Dass das ‹Garagensterben› schon seit mehr als 25 Jahren immer wieder in Studien und Vorträgen angekündigt worden ist, in der Schweiz aber bisher nicht stattgefunden hat.

Warum ist das Ihrer Ansicht nach so? 
Es gibt etwas weniger Betriebe, aber immer noch gleich viele Mitarbeitende. Das heisst, dass Garagen zum Teil von grösseren Gruppen übernommen werden, oder sich selbst zusammenschliessen. Dass Betriebe ohne Nachfolgeregelung ganz aufgegeben werden, registrieren wir beim AGVS zwar auch, aber nicht in dem von der Studie prognostizierten Ausmass. Der Garagist ist in der Schweiz eine Vertrauensperson mit einer in der Regel sehr guten Kundenbeziehung. Und trotz sich verändernden Mobilitätsbedürfnissen seitens der Kunden und neuen Antriebsformen müssen die in der Schweiz immatrikulierten, rund 6.2 Millionen Fahrzeuge von Fachleuten regelmässig gewartet und repariert werden. Das wird auch in Zukunft so bleiben.

Wie unterstützt Ihr Geschäftsbereich das einzelne AGVS-Mitglied konkret, damit es seine starke Stellung im Handel und in der Werkstatt auch in Zukunft haben wird? 
Der AGVS sieht sich als Informations-, Bildungs- und Vermittlerplattform. Wir sensibilisieren unsere Mitglieder laufend über die in der Studie zitierten neuen Mobilitätsformen, die sich verändernden Vertriebskanälen und Entschädigungsmodelle. Dazu versuchen wir unseren Mitgliedern auch immer Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie selbst oder mithilfe unserer Kooperationspartner mit diesen Veränderungen umgehen können. Dazu gehören zum Beispiel unsere Kursangebote im Bereich alternativer Antriebe und laufend neue Dienstleistungen für Garagisten und/oder deren Kunden. 
Lesen Sie demnächst: Der KPMG auf den Zahn gefühlt und die Reaktionen von AGVS-Garagisten auf die Studie. 
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